Selbstorganisiertes Lernen: Neues Lernen, neue Rollen und neue Formate

Das das Lernen im Zeitalter des digitalen Wandels eine besondere Bedeutung bekommt, steht außer Frage. Auch oder gerade im beruflichen Umfeld wird das Lernen immer wichtiger, weil sich Jobprofile rasant ändern, andere Jobs entstehen und Jobs wegfallen, neue Technologien den Arbeitsalltag massiv verändern und die Formen der Zusammenarbeit vielfältiger werden. 

Lernen im Unternehmen

Führen wir uns vor Augen, wie in den Unternehmen in der Praxis gelernt wird. Im beruflichen Kontext wird vor allem aktiv gelernt, denn etwa 70 % lernen Mitarbeiter on-the-Job, also durch das Anwenden von Erlerntem in der täglichen Arbeit. 20 % werden durch Erklärungen der Kollegen*innen aus dem Umfeld und nur 10 % durch formales Lernen gelernt. Bisher haben wir den Fokus immer sehr stark auf das formale Lernen gerichtet.

Selbstorganisation heißt das Zauberwort

Der Blick muss sich demnach erweitern. Es geht nicht nur um formales Lernen in Workshops und Seminaren, sondern auch um das Lernen "nebenbei" in den täglichen Abläufen. Aus dieser Erfahrung bekommt selbstorganisiertes Lernen daher eine tiefere Bedeutung. Jeder übernimmt für seine eigene Lernwelt die Verantwortung. Lernzeile werden nicht mehr vorab definiert, sondern jeder legt sich seine individuellen Lernziele selber fest. Lernort und -zeit werden ebenso viel stärker von jedem selbst gesteuert.

Neue Rollen in einer neuen Lernwelt

Wie kann das selbstorganisierte Lernen jetzt in der Praxis aussehen? Und welche Rolle haben dann HR-Verantwortliche oder Vorgesetzte und Trainer, die bisher sehr stark involviert waren, wenn es um die Planung und Gestaltung von Weiterbildungsangeboten ging.

Klar ist, dass Lernen der Mitarbeiter weniger stark von "außen" gestaltet und geplant werden kann. Es geht also weniger darum konkrete und standardisierte Lernangebote zu konzipieren, sondern jeder muss individuell dort abgeholt werden, wo er steht. Die Unterstützung der Mitarbeiter auf ihrem individuellen Lernweg kann dabei eher als Coachingprozess verstanden werden. Darin wird die neue Rolle von HR und Vorgesetzten liegen: Die Mitarbeiter zu befähigen, eigene Lernziele zu definieren, die entsprechenden Inhalte zu suchen und zu lernen. Sie werden zum Lerncoach oder zum Lernenabler.

Auch in Seminaren und Workshops verschieben sich die Rollen. Es gilt keine starren Inhalte zu vermitteln, sondern sich an den Lernzielen der Lernenden zu orientierten. Die Lernenden sollten befähigt und ermutigt werden, das Lernen als Chance zu sehen und selbst in die Hand zu nehmen. Trainer und Workshopleiter definieren sich heute idealerweise als kompetente Lernbegleiter:

Der Lernende wird damit vom passiven Konsumenten eines vorgefertigten Standardlernangebotes zum aktiven Gestalter und Lerner seiner eigenen Lernwelt. Eine herausfordernde Rolle, die viel Engagement erfordert, aber auch tolle Erfahrungen ermöglicht und Neugier wecken kann.

Neue Lernwelten

Mit diesen Ansätzen halten neue Formen des Lernens Einzug in betriebliche Lernwelten. Lernformate werden agil. Die Vielfalt an verschiedenen Lernformen, -methoden und -angeboten steigt. Im Vordergrund steht meist die flexible Anpassung an die individuelle Situation des Lernenden und die klare Orientierung an der Anwendung in der Praxis. Damit sind kleine Lerneinheiten und kürzere Trainingszeiten gefragt. Ich finde wir bewegen uns in einem spannenden Umfeld und lernen quasi täglich Neues kennen!